Die Frist ist um

Do, 22. Jun 2017

Wagners Holländer im Todestrakt

Sa, 24. Jun 2017

Wagners Holländer im Todestrakt

 

 

DIE FRIST IST UM
WAGNERS HOLLÄNDER IM TODESTRAKT

Uraufführung: 22.06.17 | Ballhof Eins
Sänger: Caroline Melzer (Sopran), Hans Gröning (Bariton)
Sprecher: Isabelle Barth, Stefan Wiefel
Klavier: Yun Qi Wong
Konzept und Fassung: Volker Bürger, Stefan Wiefel
Regie: Volker Bürger
Ausstattung: Birgit Klötzer, Dennis Ennen

Die Inszenierung kam im Juni 2017 in Kooperation mit der niedersächsischen Staatsoper Hannover im Ballhof 1 am Niedersächsischen Staatstheater zur Uraufführung.
Mit freundlicher Unterstützung des Kulturbüros der Landeshauptstadt Hannover, der Nds. Sparkassenstiftung Hannover, der Stiftung Edelhof Ricklingen, der Karin André Stiftung und des Richard Wagner-Verbandes Hannover e.V.

Das dokumentarische Musiktheaterprojekt legt auf Wagners Opernmusik die Schablone einer heutigen Hinrichtungsgeschichte. Die zentralen Arien aus Wagners Fliegendem Holländer werden mit dem Briefwechsel verschnitten, den ein Insasse einer texanischen Todeszelle von 2006 bis zu seiner Hinrichtung im Jahr 2014 mit der Deutschen Gabi Uhl geführt hat. Das dichte Nebeneinander von Wagners verzweiflungsgeladener Opernmusik und den erschütternden Briefdokumenten schafft völlig neue Hörzugänge. Ein Crossoverprojekt, das heutige Wirklichkeit mit der mystischen Musikdramatik Wagners zusammenfallen lässt, das dabei den zentralen Themen der Opernmusik, nämlich Schuld, Liebe und Erlösung, wie selbstverständlich eine Brücke vom 19. ins 21. Jahrhundert schlägt.

Huntsville, Texas
Seit über 20 Jahren sitzt Willie Trottie im Todestrakt, kämpft um Berufung und Begnadigung. Einsamkeit, tägliche Schikanen der Anstaltsleitung und quälende Hoffnungslosigkeit prägen seine immer gleichbleibende Alltagsroutine in der 5,6 qm kleinen Zelle.
Die Frau aus Deutschland schickt ihm Briefe, mehr als 300 wechseln über den Ozean in den Jahren bis zur Vollstreckung seines Urteils. In den Briefen begegnen sie sich jenseits seiner grausamen Tat. Zwei Mal im Jahr fliegt sie über den Ozean für wenige Stunden Besuchszeit. Sie wird auch bei seiner Hinrichtung anwesend sein.
Ein lang zurückliegendes schreckliches Ereignis hat Wagners fliegenden Holländer und den schwarzamerikanischen Häftling gleichermaßen auf das Meer zwischen Leben und Tod verbannt. Die Sehnsucht nach Erlösung ist übermenschlich groß. Beide begegnen einer Frau, die ein unbeirrbarer Traum antreibt, die Vision, für einen ihr unbekannten Mann aus Liebe einzustehen. Senta rettet den Holländer nach all den quälenden Jahren des Fluchs, sie erlöst ihn durch ihre bedingungslose Liebe.

Ein Sängerpaar und ein Sprecherpaar erkunden musikalisch und dokumentarisch die Abgründe eines Lebens in der Todeszelle. Im Verlaufe der Aufführung rollen sich die dramatischen Ereignisse der Tatnacht nochmals auf. Die Sänger nehmen mehr und mehr Anteil am szenischen Geschehen. Singend schlüpfen sie in die Rolle der Briefpartner, der Opfer, später der Hinrichtungszeugen. Schwer lastet die Frage nach Schuld, Sühne und möglicher Erlösung auf den Beteiligten. Am Ende steht die Hinrichtung, am Ende steht der Tod. Es bleibt: eine mögliche menschliche Geste, eine Beziehung zwischen zwei Menschen, die sich füreinander entschieden haben. Können wir Erlösung in einem anderen Menschen finden?
„Mir ist es total egal, wo sie mich in diesem Höllenloch unterbringen, es bleibt ein Höllenloch, aber deine Briefe möchte ich immer bekommen.“ Willie Trottie